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Geplant war eine gemütliche Zweitagestour auf der Schneealpe und der Rax. Daraus geworden ist eine Bergtour mit tiefwinterlichen Verhältnissen und ganz neuen Erfahrungen: eine Übernachtung im Winterraum des Schneealpenhauses, Kochen mit Schneewasser und vor allem die unschätzbar wertvolle „Stütze“ des Bergkameraden Wilson.

Der erste Tag

Beginnen wir am besten ganz von vorne. Eigentlich sollte ich meine Wanderung beim Raxalpen Berggasthof fortsetzen. Den Aufstieg auf die Rax über den Wachthüttelkamm habe ich bereits erledigt (siehe Etappe 07). Die Seilbahn, die mich von Hirschwang an der Rax zum Berggasthof bringen würde, hat leider derzeit geschlossen. Daher war der Plan für dieses Wochenende von Krampen zur Schneealpe aufzusteigen und am zweiten Tag zur Rax zu wandern und von dort abzusteigen.

Im kleinen Ort Krampen ist das Feuerwehrhaus leicht zu finden. Von dort führt der Tirolerweg über den inneren Krampengraben nach Tirol. Lustig … ich dachte nicht, dass ich so schnell in Tirol sein werde! Es geht stetig bergauf, zuerst zum Eisernen Törl und weiter bis zum Durchfall (hier verschwindet ein Bach im Boden). Ich hatte gehofft, dass bis auf rd. 1.300 Höhenmetern der Schnee bereits geschmolzen ist. Leider nein, 100 Höhenmeter weiter unten beginnt eine geschlossene Schneedecke. Und ich habe noch dazu meine Schneeschuhe inklusive Stöcke zu Hause vergessen. Das Vorwärtskommen ist nicht einfach, da ich meistens knietief im Schnee einsinke. Damit ich mich besser abstützen kann, schnappe ich mir einen Ast von einem der zahlreichen umgeknickten Bäume, die am Weg liegen. Ich sezte meine Winterwanderung bis zur Bodenalm bzw. Großbodenalm fort. Leider ist zu dieser Zeit alles geschlossen. Ich träume von den Kühen, die sich hier im Sommer auf den duftenden Almwiesen herumtreiben und von den Getränken, die es zu kaufen gibt.

War die erste Hälfte des Weges bereits beschwerlich, wusste ich zum Glück an dieser Stelle noch nicht, wie mühsam die zweite Hälfte erst wird. Es folgt ein steiler Hang mit zahlreiche Latschen hinauf zum Gläserkogel. Die Latschenfelder sind im Winter sehr tückisch, da sich der Schnee auf ihnen türmt und sich darunter oft Hohlräume bilden. Ich breche immer und immer wieder bis zur Hüfte in den Schnee ein. Spätestens jetzt bin ich dem aufgesammelten Wanderstock sehr dankbar. Mittlerweile habe ich ihn so lieb gewonnen, dass ich mir einen Namen für meinen neuen Bergkameraden überlegt habe. Ich taufe ihn Wilson! Ich ramme Wilson tief in den Schnee, bis er auf festem Grund Halt findet. Nur mit ihm gelingt es mir, mich wieder aus dem Schnee zu ziehen. Da der Stock oft bis zum letzten Teilstück verschwindet, kann ich die Schneedecke auf knapp 2 Meter einschätzen. Das raubt mir ordentlich die Kräfte und ich bin froh, als ich den Gläserkogel und die Knopperwiese (1.803 m), den höchsten Punkt des heutigen Tages, erreiche. Hier oben sieht die Winterlandschaft aus wie im Hochgebirge. Besonders beeindruckend sind die mächtigen Wechten. Ein wirklich schneereicher Winter.

An einen möglichen weiteren Aufstieg zum Windberg denke ich nicht einmal eine Sekunde. Insbesondere, da die Wasservorräte zu neige gehen und ich noch immer einige Kilometer bis zur Hütte vor mir habe. In leichtem Auf und Ab schleppe ich mich weiter. Zuerst noch einmal durch ein Latschenfeld und später muss ich einige steile Rinnen queren. Dabei fühle ich mich sehr unwohl und hoffe, dass ich keine Nassschneelawine lostrete. Aber die Schneedecke hält und ich freue mich riesig, als ich über die letzte kleine Anhöhe schreite und von dort mein Tagesziel das Schneealpenhaus sehen kann. Das letzte Stück auf der ebenen Wiese ist normalerweise ein Spaziergang. Ich bin aber bereits so geschafft, dass ich nach 9,5 Stunden kaum noch die letzten Meter durch den tiefen Schnee stapfen kann. Irgendwie komme ich aber doch an und bin überglücklich, als ich den gemütlichen Winterraum des Schneealpenhauses betrete. Den ganzen Aufstieg bin ich keinem Menschen begegnet. Auch im Winterraum der geschlossenen Hütte bin ich alleine. Auch gut, denn es gibt nur eine Matratze zum Schlafen, die bereits auf dem Tisch auf mich wartet. Bevor ich im Träumerland verschwinde, wird noch mit dem mitgebrachten Gaskocher Schnee geschmolzen, Tee zubereitet und Farfalle mit Käsesauce gekocht.

Der zweite Tag

Ich habe herrlich im Schlafsack auf der Matratze geschlafen. Ich schmelze wieder Schnee, koche Tee, genieße den mitgebrachten löslichen Kaffee, fülle meine Wasservorräte mit Schmelzwasser auf, packe und mache den Winterraum wieder sauber. Die umliegenden Berge und das Schneealpenhaus sind in einer dicken Wolckendecke eingehüllt. Auch merke ich die Müdigkeit vom gestrigen anstrengenden Tag, die tief in den Knochen steckt. Ich beschließe daher so rasch wie möglich von der Schneealpe abzusteigen und das fehlende Stück zur Rax ein anderes Mal zu gehen. Der Weg 445 bringt mich relativ eben bis zur Brandhöhe. Dort folge ich den Schneestangen bis zum markierten Wanderknotenpunkt „In der Griab“. Hier zeigt ein Wegweiser die Richtung zum rot markierten Farfelsteig an. Der Einstieg ist geröllig, aber recht einfach zu gehen, da er fast schneefrei ist. Aber bald ist wieder alles eine geschlossene Schneedecke. Das macht mir anfangs nicht viel aus, da hier der Schnee eine festere Konsistenz hat und ich nicht so tief einsinke. Die Glücksgefühle ändern sich bald, als sehr steile und weit ins Tal reichende Rinnen zu queren sind. Ich klammere mich an Wilson und setze jeden Schritt sehr behutsam, um über diese Teilstücke zu kommen. Nachdem ich diesen unangenehmen Bereich hinter mir gelassen habe, verläuft der weitere Abstieg problemlos und rasch. Je weiter ich nach unten komme, wird auch der Schnee weniger bis er schließlich auf ca. 1.000 Höhenmetern komplett verschwindet. Nun wird es auch langsam Zeit für den Abschied von Wilson. Kurz bevor ich den Wald verlasse und auf die Straße nach Neuberg an der Mürz komme, suche ich ein schönes Plätzchen und trenne mich von meinem treuen Bergkameraden. Vielleicht schnappt sich ihn ein anderer Wanderer und ist genauso froh wie ich ihn als Gefährten zu haben. Ein Tipp für jene, die Wilson aufsuchen möchten: ich habe seine Position in der Karte markiert :-)!

Ich wandere durch Neuberg an der Mürz und weiter auf der Hauptstraße Richtung Krampen. Es ist ein herrlicher Frühlingstag und es scheint mir in diesem Moment als wäre ich in einer anderen Welt im Vergleich zum nebeligen, schneereichen Start beim Schneealpenhaus in der Früh. Die letzten zwei Kilometer nach Krampen muss ich nicht zu Fuß laufen. Ein freundlicher Jäger nimmt mich in seinem Auto mit.

Die Tour im Überblick

1. Tag

  • Schwere Tour
    (ohne Schnee mittlere Tour)
  • 18 Kilometer
  • 8 Std 10 Min Gehzeit
  • 9 Std 35 Min gesamt inkl. Pausen
  • Aufstieg: 1.265 m, Abstieg: 257 m
  • Routenverlauf: Krampen (752 m) – Eisernes Törl (1.310 m) – Durchfall (1.253 m) – Bodenalm (1. 310 m) – Großbodenalm (1.500 m) – Gläserkogel (1.746 m) – Knopperwiese (1.803 m) – Schneealpenhaus (1.784 m)
2. Tag

  • Nicht Teil des Nordalpenweges
  • 9 Kilometer (davon 2 Kilometer per Anhalter mitgefahren)
  • 3 Std Gehzeit
  • Aufstieg: 70 m, Abstieg: 1.078 m
  • Routenverlauf: Schneealpenhaus (1.784 m) – Brandhöhe (1.758 m) – Farfelsteig – Spielkogel (1.020 m) – Neuberg an der Mürz (734 m) – Krampen (752 m)
Maximale Höhe: 1798 m
Minimale Höhe: 747 m
Download file: etappe10.gpx

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